Soziale Prozesse

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Semesterabschlußklausur vom 20.03.1994 zu den Kursen 3250 und 3251 (Wahlpflichtfach Psychologie für Wirtschaftswissenschaftler)

(insgesamt 24 Fragen und 63 Punkte)

Die Antworten entsprechen meinen Antworten in der Klausur (ich hatte 55 der 63 möglichen Punkte). Ich habe mich bemüht, Fehler zu korrigieren (zum Teil hatte die Korrektorin die richtigen Antworten vermerkt). Trotzdem geschieht die Nutzung "auf eigene Gefahr"!

 

LERNEN

1. Erklären Sie den Unterschied zwischen respondentem und operantem Verhalten! (2 P.)

Operantes Verhalten ist das Verhalten das sich zeigt, wenn dieses Verhalten durch die Gabe eines Reinforcers hervorgerufen wurde.

Respondentes Verhalten ist das Verhalten unter der Kontrolle der Stimuli (z.B. Reflexe)

 

2. Welche vier voneinander unabhängigen Prozesse sind nach BANDURA für das Beobachtungslernen von Bedeutung? Geben Sie hierfür ein Beispiel! (4 P.)

Bandura unterscheidet die folgenden vier voneinander unabhängigen Prozesse:

  1. die Aufmerksamkeit, die der Beobachter dem Modell geben muß um zu sehen, was zu sehen ist. Hierbei spielen Persönlichkeitsfaktoren des Modells (z.B. Status, Macht etc.) sowie des Beobachters eine Rolle.
  2. der Beobachter muß behalten, was er beim Modell beobachtet.
  3. der Beobachter muß das Modellverhalten motorisch reproduzieren können (wer Tennis sieht, kann noch lange nicht selber Tennis spielen, aber vielleicht die Regeln hierzu lernen)
  4. Es müssen motivationale Prozesse beim Beobachter vorhanden sein, die damit die Bereitschaft geben, das Verhalten zu reproduzieren oder nicht.

Ein Beispiel zum Beobachtungslernen: ein Kind sieht , wie seine Mutter dem kleinen Geschwister die Flasche gibt (a). Darauf holt es seine Puppe und eine Spielflasche (d) und reproduziert nun dieses Verhalten (b, c).

 

3. Was versteht man unter "Reizgeneralisierung" beim Klassischen Konditionieren? Geben Sie ein Beispiel! (2 P.)

Unter Reizgeneralisierung versteht man, daß eine bestimmte Reaktion nicht mehr nur zusammen mit einem bestimmten Reiz erfolgt, sondern auf eine Reizklasse.

Ein Beispiel: ein kleines Kind spielt mit einer weißen Maus. Plötzlich ertönt Lärm, so daß das Kind ängstlich wird und weint. Es verbindet zukünftig alle weißen flauschigen Gegenstände hiermit und beginnt zu weinen, wenn es sie sieht.

 

4. Was versteht man nach PAWLOW unter einem bedingten Reflex? (2 P.)

Reflexe sind gewöhnlich quasi-automatische Reaktionen des Körpers auf einen Reiz. Der Reflex, den der Hund in Pawlow's Experiment zeigt, ist jedoch nicht quasi-automatisch, sondern gelernt, also bedingt.

Pawlow gab einem Hund Futter, worauf Speichelfluß auftrat, also eine quasi-automatische Reaktion auf dieses Futter. Nachdem dieser Reiz mit einem Gong kombiniert wurde, zeigte sich Speichelfluß auch dann, wenn nur noch der Gong ertönte; der Speichelfluß ist hierbei der bedingte Reflex.

 

MOTIVATION

5. Wie unterscheiden sich erfolgs- und mißerfolgsorientierte Personen in ihrem Herangehen an Leistungen und in ihrem Umgang mit den daraus resultierenden Ergebnissen? Nennen Sie ein Beispiel! (2 P.)

Erfolgsorientierte Personen gehen intensiv und langsam an leistungsbezogene Aufgaben heran. Ein positives Ergebnis bestätigt sie in ihrem Streben nach Leistung. Ein negatives Ergebnis gibt ihnen Antrieb es beim nächsten Mal besser zu machen.

Mißerfolgsorientierte Personen gehen lustlos, kurz und mit wenig Aufwand an leistungsbezogene Aufgaben heran. Ein positives Ergebnis bestätigt sie in ihrer Handlungsweise, ein negatives Ergebnis führt vermutlich zur Aufgabe.

Beispiel:

Ein Schüler, der gute Noten schreibt und sich auf die Klassenarbeit intensiv und langsam vorbereitet hat, wird bei der nächsten Arbeit sich ähnlich sorgfältig vorbereiten, bei einer schlechten Note seine Vorbereitung vielleicht noch intensivieren.

Ein schlechter Schüler hat sich wohl auch mit wenig Aufwand vorbereitet. Eine gute Note würde wohl dazu führen, daß er denkt, nur Glück gehabt zu haben. Eine schlechte Note wird vermutlich dazu führen, daß er eine Abneigung gegen das Schulfach bekommt und sich sagt "ich kann es sowieso nicht".

 

 

STRÖMUNGEN IM ÜBERBLICK

6. Der Psychoanalyse wird aus wissenschaftstheoretischer Sicht eine "Immunisierungs-tendenz" vorgeworfen. Was ist darunter zu verstehen? (4 P.)

Immunisierungstendenz: Die Psychoanalytiker vereinnahmen sehr gerne ihre Gegner, d.h. sie gehen davon aus, daß die Ablehnung der Psychoanalyse selbst ein deutungswürdiges Verhalten ist und der Gegner selber einer Psychoanalyse unterworfen werden muß.

 

7. Erklären Sie den Begriff der Lokomotion im Rahmen der Feldtheorie! (2 P.)

Lokomotion im Rahmen der Feldtheorie sind Bewegungen im quasi-sozialen, quasi-physikalischen oder quasi-begrifflichen Feld. Felder müssen durchschritten werden um bestimmte Ziele zu erreichen. Dabei gibt es Felder mit positiver oder negativer Valenz.

Ein Beispiel: Um Arzt zu werden, muß ich zunächst Abitur machen und dann studieren. Auf diesem Weg bewege ich mich über Felder = Klausuren, Abschlüsse die mich dem Ziel näher führen oder den Weg endgültig verschließen

 

GRUPPENPROZESSE

8. Welche Funktionen einer Bezugsgruppe sind Ihnen bekannt. Erläutern Sie an einem Beispiel! (2 P.)

Die Bezugsgruppe hat

  1. Vergleichsfunktion und
  2. Normative Funktion.

Ein Beispiel zu a): Wir vergleichen uns mit einer Gruppe oder Klasse und stimmen unser Verhalten und Leistungen darauf ab. Ein Schüler dessen Freund immer gute Noten schreibt, wird sehen, welche Vorbereitungen dieser für eine Arbeit trifft und wird sich vor der nächsten Klassenarbeit entsprechend vorbereiten.

Beispiel zu b): In der Bezugsgruppe gibt es Normen, Werte und soziale Rollen mit denen wir uns gerne identifizieren. In Japan ist es z.B. "in" europäisch zu sein, so daß viele im Dezember hingehen und sich einen Weihnachtsbaum kaufen, da dies der Norm "Europäer" entspricht.

 

9. Wie ist das Risky-Shift-Phänomen zu erklären? (2 P.)

Das Risky-Shift-Phänomen erklärt sich zum Teil durch die Verantwortungsabschiebung in der Gruppe. Nicht ein einzelner, sondern alle Gruppenmitglieder tragen die Verantwortung gemeinsam, so daß der einzelne das Gefühl hat " ich bin es nicht alleine gewesen". Hierdurch kommt es zu einer risikofreudigeren Entscheidung.

Hinzu kommt, daß große Risikofreudigkeit in der Öffentlichkeit positiv gesehen wird. So hängt die Gruppenentscheidung dem Trend an "in" zu sein.

 

10. Wie lautet die universelle Verhaltensgleichung, die Kurt LEWIN im Rahmen seiner Feldtheorie aufgestellt hat und was bedeutet sie? (2 P.)

Verhaltensgleichung nach LEWIN:

V = f(P x U) = f(L) mit V=Verhalten, P=Person, U=Umwelt, L=Lebensraum.

Das Verhalten ist abhängig von dem Produkt aus Person und Umwelt, also dem Lebensraum. Ein Beispiel: Ein Pubertierender macht neue Erfahrungen mit seinem Körper, so daß sich seine "Welt" ganz neu und ungewohnt für ihn präsentiert.

 

11. Welche Maßnahmen schlägt JANIS vor, um den Gefahren des Groupthink entgegenzuwirken? (3 P.)

1. Ermunterung zur Kritik durch den Leiter

2. Zurückhaltung des Leiters

3. Parallel arbeitende Gruppen

4. Zu Rate ziehen von außenstehenden Fachkollegen

5. Bei schwebenden Entscheidungen heranziehen von Experten

6. In jeder Sitzung sollte ein Gruppenmitglied die Kritikerrolle spielen

7. bei wichtigen Entscheidungen Zeit lassen

8. Untergruppen bilden

9. Nach Vorentscheidung nochmalige Untersuchung der nichtgewählten Alternative.

 

DENKEN/ENTWICKLUNG

12. Nennen Sie die Phasen der kognitiven Entwicklung nach PIAGET. Beschreiben Sie den kognitiven Entwicklungsstand in einer Phase in Relation zu der vorhergehenden.

Die Phasen der kognitiven Entwicklung nach PIAGET:

1. Sensomotorische Phase (bis 2 Jahre)

2. Vorbegriffliche Phase (bis 5 Jahre)

3. Intuitive Phase (bis 7 Jahre)

4. Die Phase der konkreten Operation (bis 12 Jahre)

5. Die Phase der formalen Operation (ab 13. Lebensjahr)

Der kognitive Entwicklungsstand der vorbegrifflichen Phase beinhaltet im Gegenteil zur sensomotorischen Phase, in der Denken auch noch nicht sprachlich ausgedrückt werden kann, auch Dinge, die nicht anwesend sind. In der intuitiven Phase kann dann schon mit Menge, Maßen und Gewichten umgegangen werden. Das ist in der vorbegrifflichen Phase noch nicht der Fall. In der Phase der konkreten Operation können dann auch die Folgen, die sich aus dem Umgang mit Mengen, Maßen und Gewichten ergeben, gehandhabt werden. Die Relationen (z.B. größer - kleiner) können aber nur anhand konkreter Gegenstände verstanden werden. Erst in der Phase der formalen Operation werden auch abstrakte Begriffe gehandhabt. Zur Problemlösung werden jetzt auch Informationen eingeholt.

 

13. Nennen Sie die Hauptkritikpunkte an der Position EYSENCK`s zur Vererbung der Intelligenz! (3 P.) (evtl. fehlerhaft und unvollständig)

Eysenck läßt die Umwelt nicht gänzlich außen vor, sondern sagt, daß die Intelligenz zu 80% vererbt, zu 20% aber von der Umwelt abhängt. Seine Auswerteverfahren z.B. zur IQ-Korrelation unter Verwandten sind wenig reliabel. Außerdem sind die Korrelationen wenig signifikant.

Da Anlage und Umwelt sind überhaupt nicht unabhängig voneinander vorstellbar und auch kaum unabhängig empirisch faßbar. Das Problem ist also nicht Anlage oder Umwelt, sondern die Frage, welchen Anteil der jeweilige Faktor bei der Persönlichkeitsentwicklung ausmacht. Das Individuum entwickelt zudem mit steigendem Alter Fähigkeiten, sich selbst zu regulieren und dabei auch seine Persönlichkeit mit zu beeinflussen.

Eysenck sieht die Kinder eines Waisenhauses als gleichen Umwelteinflüssen ausgesetzt, so daß er erwartet, daß Unterschiede der Intelligenz unter solchen Bedingungen beträchtlich abnehmen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt, was Eysenck wiederum als Hinweis für eine Vererbung der Intelligenz sieht. Jedoch ist hier zu fragen, ob es Unterschiede in der Art und Organisation der Waisenhäuser gibt. Eysenck sieht einen genetischen Zusammenhang zwischen Geschlecht einer Person und ihrem visuell-räumlichen Vorstellungsvermögen. Er behauptet, daß Männer eine bessere Raumvorstellung haben als Frauen. Kritisch kann man hier aber hinterfragen, ob kleine Jungen nicht schon früh an Technik herangeführt werden und daher eher räumliche Vorstellungen entwickeln.

Ferner stellt Eysenck fest, daß irische Kinder niedrigere Intelligenz-Quotienten haben als englische, deutsche oder amerikanische und führt dies darauf zurück, daß die Engländer die mutigsten und intelligentesten Einwohner im Kampf erschlagen haben. Allerdings muß man hierzu feststellen, daß die Engländer ihre Verbrecher nach Australien deportierten. So müßte im Umkehrschluß zu Eysenck ein hoher Teil der Australier genetisch zum Verbrecher vorbestimmt sein.

 

14. Welche Kritik gibt es zum Phasenmodell der menschlichen Entwicklung von CHARLOTTE BÜHLER? (2 P.)

Charlotte Bühler generalisierte ihre Phasen zu stark. Umwelteinflüsse hat sie weitestgehenst außer acht gelassen. Außerdem ist die gesellschaftliche und medizinische Entwicklung inzwischen soweit fortgeschritten, daß 60jährige heute noch lange nicht daran denken, sich auf den Tod vorzubereiten.

 

TEILBEREICHE DER PSYCHOLOGIE

15. Welche zwei Dimensionen der Persönlichkeit unterscheidet EYSENCK? Welche Kritik gibt es daran? (4 P.)

Eysenck unterscheidet zwischen introvertierten Persönlichkeiten, also nach innen gekehrte Menschen und extravertierten Persönlichkeiten die sich ihren Mitmenschen gegenüber öffnen und sich mitteilen. Dies ist die eine Dimension. In der zweiten Dimension stellt er emotionale Labilität (Neurotizismus) und emotionale Stabilität gegenüber. Eysenck berücksichtigt keine situativen Faktoren und keine kulturellen und sozialen.

 

16. Erläutern Sie kurz die drei Haupt-Testgütekriterien (Reliabilität, Validität, Objektivität) der Klassischen Testtheorie! (3 P.)

Objektivität bedeutet: Die Durchführung, Auswertung und Interpretation des Tests muß unabhängig vom Prüfer erfolgen.

Reliabilität oder Zuverlässigkeit bedeutet: Die Reliabilität eines Meßinstruments ist die Genauigkeit, mit der es mißt, ohne Rücksicht darauf, daß es wirklich mißt, was es zu messen beansprucht z. B. bei Meßwiederholungen müssen sich gleiche Ergebnisse ergeben. Aber: es gibt keine Aussage darüber, wie exakt das Kriterium vom Test erhoben wird.

Validität oder Gültigkeit bedeutet: Das Ausmaß dessen, was der Test mißt. Das Ausmaß wird berechnet durch Vergleich des Testergebnisses mit dem, was der Test messen soll.

 

ISOLATION UND GESELLUNG

17. Welche Kriterien müssen nach KLINEBERG erfüllt sein, um ein Verhalten als Trieb zu kennzeichnen? Gibt es demnach einen Mutter-Instinkt? (4 P.)

Triebkriterien:

a) Phylogenetische Kontinuität des Verhaltens, d.h. daß entsprechendes Verhalten bei allen Menschen und anderen Gattungen vorkommen muß.

b) Biochemische oder physiologische Grundlage, d.h. daß im Körper eine physiologische Bereitschaft verankert sein muß dieses Verhalten zu zeigen.

c) Die Universalität der spezifischen Verhaltensweise, d.h. daß das Verhalten in allen Kulturen vorkommen muß.

Für den "Mutter-Instinkt" scheint Kriterium a) erfüllt zu sein. Auch bei anderen Gattungen wie z.B. den Ratten findet man diesen "Instinkt". Ratten verteidigen ihre Kinder. Auch Kriterium b) ist erfüllt. Während der Schwangerschaft und auch während der Stillzeit laufen im Körper hormonelle Prozesse ab, die den Körper auf seine Aufgabe vorbereiten. Kriterium c) ist dagegen nicht erfüllt, da es in anderen Kulturen z.B. üblich ist das Kind gleich nach der Geburt zu täten oder z.B. An Adoptiveltern zu geben oder aber der Vater kümmert sich um das Kind. Es gibt also keinen Mutter-Instinkt der allen Kriterien Klinebergs entspricht.

 

18. Grenzen Sie die Begriffe "Trieb" und "Instinkt" voneinander ab! (2 P.)

Instinkt ist ein angeborenes, arterhaltendes Verhalten bzw. eine Verhaltensweise die sich auf best. Reize hin zeigt. Ein Trieb verlangt die phylogenetische Kontinuität des Verhaltens, die biochemische oder physiologische Grundlage des Körpers und die Universalität der Verhaltensweise. Beim Trieb braucht also kein Reiz durch die Umwelt zu erfolgen damit sich eine entsprechende Verhaltensweise zeigt. Beim Instinkt hingegen bedarf es keiner physiologischen Bereitschaft des Körpers um entsprechendes Verhalten zu zeigen.

 

19. Welche Ergebnisse erbrachten SCHACHTER`s Untersuchungen zum Einfluß von Angst auf das menschliche Gesellungsstreben? (2 P.)

Schachter machte seine Untersuchungen mit Schülerinnen, denen ein streng gekleideter Professor vor beeindruckenden Apparaturen den Versuchsablauf erklärte. Die Schülerinnen waren in zwei Gruppen geteilt, von denen der einen Gruppe gesagt wurde, es würden Stromschläge erteilt, die sehr schmerzhaft sein könnten, der anderen Gruppe, daß diese Stromschläge prickelnd seien und in keiner Weise weh täten. Dann wurden die Schülerinnen einzeln gefragt, wie sie die Zeit bis zum Versuch überbrücken wollten, alleine oder mit den anderen zusammen. Die bei weitem größere Zahl der Gruppe, in der die schmerzhaften Stromschläge erwartet wurden, wollte in Gesellschaft warten. Den Mitgliedern der anderen Gruppe war es größtenteils egal, welche Wartesituation sie in Anspruch nehmen sollten. In einer Versuchserweiterung wurden Schülerinnen unter dem Aspekt des schmerzhaften Versuchs gefragt, ob sie alleine, mit ihren Leidensgenossen oder mit anderen warten wollten. Hierbei zeigt sich, daß der größte Teil mit Leidensgenossen, aber nur ein kleiner Teil mit anderen warten wollte. Daraus folgerte Schachter, daß unter dem Einfluß von Angst der Mensch sich unter Seinesgleichen, also unter Leidensgenossen am "Wohlsten" fühlt.

 

KOMMUNIKATION UND INTERAKTION

20. Welche drei (Therapeutinnen-) Variablen sind in der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie nach ROGERS essentiell für ein therapeutisches Gespräch? (3 P.)

Für die Gesprächstherapie nach ROGERS sind wichtig:

a) Positive Wertschätzung und emotionale Wärme, die der Therapeut dem Klienten entgegenbringen muß.

b) Empathisches Verstehen des internalen Bezugspunktes des Klienten und das Bemühen, dem Klienten das Verstandene zu kommunizieren.

c) Kongruenz im Verhalten des Therapeuten gegenüber seinem Klienten.

 

21. Was versteht WATZLAWICK unter "Interpunktion der Kommunikationsabläufe"? Verdeutlichen Sie dies anhand eines Beispiels! (2 P.)

Das 3. Axiom von Watzlawick lautet: Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt. Die beiden Interaktionspartner sehen den Interaktionsprozeß jedoch jeweils verschieden: Lerntheoretisch gesehen ist jedes Verhaltenselement sowohl Reiz für eine Reaktion des Partners, als auch Reaktion auf Reize des Partners als auch Verstärkung für Verhaltensweisen des Partners. Diese unterschiedliche Interpretation einer Kommunikationssequenz im Hinblick auf Ursache, Wirkung und Verstärkung bezeichnet Watzlawick u.a. als unterschiedliche Interpunktion von Verhaltenssequenze. Beispiel: A: Ich rede, weil B schweigt! - B: Ich schweige, weil A redet!

 

22. Worin liegt der Unterschied zwischen digitaler und analoger Kommunikation nach Watzlawick? (3 P.)

Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax, aber eine auf dem Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik. Analoge Kommunikationen dagegen besitzen dieses semantische Potential, ermangeln aber die für eindeutige Kommunikationen erforderliche logische Syntax. Digitale Kommunikation erfolgt in Worten, sie ist speziell geeignet zur Übermittlung von Inhaltsaspekten. Analoge Kommunikation erfolgt durch Ausdrucksgebärden, Zeichnungen, Lautmalerei; abstrakte Begriffe und logische Aussagen können hierbei schlecht übertragen werden, weil die für eine eindeutige Kommunikation erforderliche logische Syntax fehlt. Analoge Kommunikation eignet sich zur Übermittlung von Beziehungen. Tiere kommunizieren nur analog, Menschen digital und analog.

 

23. Durch welche Merkmale ist der restringierte Code nach BERNSTEIN gekennzeichnet? (2 P.)

Merkmale des restringierten Codes nach BERNSTEIN:

a) Kurze, einfache und oft unvollständige Sätze

b) Häufiger Gebrauch kurzer Befehle und Fragen

c) Gelegentlicher Gebrauch von unpersönlichen Pronomina als Subjekt (man,es)

d) Fragen-implizierende Feststellungen wie "Stell dir das vor"

e) Kategorische Behauptungen bei denen Begründung und Folgerungen vermengt sind "Tu was ich sage" zum Beispiel.

f) Starrer und begrenzter Gebrauch von Adverbien und Adjektiven

g) Häufiger und sich wiederholender Gebrauch von Konjunktionen (und, oder...)

 

KENNTNISGEWINNUNG

24. Skizzieren Sie den Versuchsplan eines psychologischen Experiments mit klassischer Versuchsanordnung. Machen Sie deutlich, was eine Hypothese, eine abhängige und eine unabhängige Variable ist. (2 P.)

Der Versuchsplan eines psychologischen Experimentes ist gekennzeichnet durch die Gegenüberstellung einer Experimentalgruppe und einer Kontrollgruppe. Bei der Experimentalgruppe wird jetzt eine unabhängige Variable angewandt und anschließend die Auswirkungen auf die Gruppe gemessen. Zur gleichen Zeit wird auch die Kontrollgruppe überprüft, damit man sieht, ob das Ergebnis nicht nur durch den Zeitablauf zustande gekommen ist, sondern die unabhängige Variable. Das Ergebnis der Experimentalgruppe wird dann mit dem der Kontrollgruppe verglichen. Es werden wiederholte Messungen durchgeführt. Eine Hypothese ist eine noch nicht widerlegte Aussage mit dem Charakter eines Wenn-dann-Satzes, wobei das Wenn die unabhängige Variable und das Dann die abhängige Variable ist.

 

 

Die folgende Klausur habe ich zu Übungszwecken genutzt:

Klausur vom 24.11.1989 zu den Kursen 3250 und 3251

  1. Skizzieren Sie die klassische Versuchsanordnung im Experiment. (1 P.)
  2. Wahrnehmungsschablonen - was ist darunter zu verstehen, worin liegen ihre Vor- und Nachteile? (2 P.)
  3. Welche vier voneinander abhängigen Prozesse sind nach Bandura für das Beobachtungslernen bedeutungsvoll? Geben Sie hierfür ein Beispiel! (4 P.)
  4. Welche beiden Lerntypen werden unterschieden? Geben Sie jeweils ein Beispiel! (2 P.)
  5. Wie unterscheiden sich erfolgs- und mißerfolgorientierte Personen in ihrem Herangehen an leistungsbezogene Aufgaben? (2 P.)
  6. Erläutern Sie die drei Haupt- Testgütekriterien! (3 P.)
  7. Der Psychoanalyse wird aus wissenschaftstheoretischer Sicht eine "Immunisierungstendenz" vorgeworfen. Was ist darunter zu verstehen? (2 P.)
  8. Wodurch wird der Bewegungsspielraum eines Kindes nach Lewin hauptsächlich bestimmt. (2 P.)
  9. Skizzieren Sie die Studie von Rosenthal und Jabobson ('71) zur Beeinflussung der Intelligenz durch bestimmte Umweltfaktoren! Wie ist das Ergebnis zu erklären? (3 P.)
  10. Was versteht man unter "phänomenaler Kausalität"? Geben Sie ein Beispiel aus dem Alltag! (1 P.)
  11. Stellen Sie die Modalitäten des Schmeckens dar (physikalischer Reiz, Organ, Rezeptoren, Sinnesempfindungen)! (2 P.)
  12. Welche Kritik gibt es zum Phasenmodell der menschlichen Entwicklung von Ch. Bühler? (2 P.)
  13. Durch welche Merkmale ist der restringierte Code nach Bernstein gekennzeichnet? (2 P.)
  14. Worin liegt der Unterschied zwischen digitaler und analoger Kommunikation nach Watzlawick? Erläutern Sie dies anhand eines Beispiels! (2 P.)
  15. Welche vier Kommunikationsstrukturen untersuchte Leavitt? Welche Ergebnisse zeigten sich hier in bezug auf die Effizienz der Kommunikation und den wahrgenommenen Führer? (4 P.)
  16. Beschreiben Sie das zweidimensionale Modell des Erzieherverhaltens nach Tausch und Tausch! (3 P.)
  17. Welche vier Phasen sind bei den Jugendlageruntersuchungen M. Sherifs zu unterscheiden, wodurch sind sie jeweils bestimmt? (3 P.)
  18. Welche Funktionen einer Bezugsgruppe sind Ihnen bekannt? Erläutern Sie sie anhand eines Beispieles! (2 P.)
  19. Wie ist das Risky-Shift Phänomen zu erklären? (2 P.)
  20. Jones und Gerard unterscheiden vier Kontingenzformen der Interaktion. Nennen und beschreiben Sie sie! (4 P.)
  21. Welche Kriterien müssen nach Klineberg erfüllt sein, um von einem Trieb reden zu können? Gibt es demnach einen Mutterinstinkt? (3 P.)
  22. Unter welchen Bedingungen steigt die Wahrscheinlichkeit von freiwilligen Hilfeleistungen in Alltagssituationen (2 P.)
  23. Welche Aussagen macht das Balance-Modell von Heider? (1 P.)
  24. Erklären Sie den Begriff "Idiosynkrasie-Kredit" nach Hollander! (1 P.)
  25. Wie lautet die Verhaltensgleichung, die Lewin im Rahmen seiner Feldtheorie aufgestellt hat? Illustrieren Sie ihre Bedeutung anhand eines Beispieles! (2 P.)

 

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